Umweg-Trick: Fliegen zum Spartarif (Sonntag)

Publiziert von VFSNinfo am
Der Tarifdschungel kennt bei Fluggesellschaften wie Swiss keine Grenzen. Doch findige Passagiere können die Airlines austricksen.

VON PETER BURKHARDT

Wer in der Business-Class der Swiss von Zürich nach Singapur und zurück fliegt, zahlt beim Online-Ticketshop «Vornesitzen» 4008 Franken, exklusive Gebühren. Nimmt der Reisende hingegen einen Umweg in Kauf, kommt er um bis zu einem Drittel günstiger weg.

Und zwar so: Für 594 Euro inklusive Taxen fliegt die Swiss nach London. Von dort gehts für 2746 Franken zuerst zurück nach Zürich, dann mit Umsteigen nach Singapur. Macht zusammen 3340 Franken oder eine Ersparnis von 668 Franken.

Noch günstiger ist es, zuerst von Zürich nach Istanbul zu fliegen. Das kostet inklusive Taxen 594 Franken. Dann geht die Reise zurück nach Zürich und von dort nach Singapur. Dieser Flug kostet nur 2076 Franken. Total zahlt man für diese Variante 2670 Franken – eine Ersparnis von 1338 Franken gegenüber dem Direktflug.

«Aus ökologischer Sicht ist es schwer verständlich, dass solche Umwegflüge günstiger sind als die direkte Verbindung», findet Claus Braunschweig von «Vornesitzen». Hans-Jörg Leuzinger, Präsident des Schweizerischen Reisebüro-Verbandes, hält diese Tarifgestaltung sogar für einen «Blödsinn».

Das sei so üblich in der Branche, kontert Swiss-Sprecher Jean-Claude Donzel. «Direktflüge sind meistens teurer als ein indirekter Flug, weil sie mehr Komfort bieten. Das macht jeder in jedem Land.»

Vor allem wollen die Fluggesellschaften der Konkurrenz mit vergünstigten Indirekt-Flügen Kunden abjagen und so ihre Maschinen füllen. «Wenn wir Mitbewerbern auf hart umkämpften Plätzen wie London Kunden abwerben wollen, muss die Swiss das bieten», bestätigt Donzel.

Davon profitieren findige Schweizer Passagiere, die Zeit und Geduld haben. Immer mehr Kunden nähmen einen Umweg in Kauf, um Geld zu sparen, sagt Claus Braunschweig. Sein Rat: «Es lohnt sich immer, nachzurechnen und den günstigsten Flug zu suchen.»

Aber aufgepasst: Wer glaubt, er könne sich den Umweg über London oder Istanbul sparen und erst in Zürich einsteigen, der hat sich getäuscht. Denn wie andere Fluggesellschaften verbietet die Swiss ihren Passagieren, einen Teil des gebuchten Fluges auszulassen.

«Man kauft bei uns ein Hin-und-Zurück-Paket», begründet Swiss-Sprecher Jean-Claude Donzel. «Wir wollen die Kunden an uns binden. Das dient der besseren Steuerung der Auslastung.»

Doch diese Praxis hielt vor dem Basler Zivilgericht nicht stand. Eine Passagierin hatte bei der Swiss einen Flug Paris–Zürich retour gebucht. Wegen eines Todesfalls konnte sie jedoch den Hinflug nicht antreten – mit der Folge, dass der Rückflug von Zürich nach Paris verfiel.

Die Passagierin wehrte sich erfolgreich: Das Gericht verknurrte die Swiss im Dezember dazu, der Frau die Kosten von 452 Franken zurückzuerstatten, die sie für ein zweites Flugticket nach Paris ausgeben musste.

Für Schweizer Passagiere wäre das eine gute Nachricht, wenn die Swiss das Urteil akzeptieren würde. Denn so könnten die Kunden günstige Indirekt-Flüge benutzen – ohne lästigen Umweg über London oder Istanbul.

Dagegen wehrt sich die Swiss mit Händen und Füssen. Sie will ihre Praxis trotz Gerichtsurteil nicht ändern. «Dieses Urteil betrifft einen Härtefall und ist kein Präjudiz für die Frage der Tarifbestimmungen», sagt Jean-Claude Donzel. Passagiere, die einen Teil ihres Flugs verfallen lassen, müssen sich ihr Recht also weiterhin vor Gericht erkämpfen.

Für die Berner SP-Ständerätin Simonetta Sommaruga ist das «eine ziemliche Frechheit». Sie fordert nun, dass das Problem gesetzlich geregelt wird und die einseitigen Verbotsklauseln der Swiss für nichtig erklärt werden. Ein entsprechender Vorstoss von Sommaruga wird am 26. Januar in der ständerätlichen Rechtskommission beraten.

Sonntag, 18.01.2009