Theoretisch sei es möglich, den Fluglärm massiv zu vermindern, erklärte Georg Thomann am Freitag am Business-Lunch des Volketswiler Industrievereins. Thomann ist Leiter Fluglärm in der Abteilung Akustik der Empa, der eidgenössischen Materialprüfungs- und Forschungsanstalt in Dübendorf. Anhand eines Rechenbeispiels machte er zu Beginn deutlich, dass schon ein geringfügig geändertes An- und Abflugregime grosse Auswirkungen haben kann für Leute, die im verhältnismässig wenig belärmten Osten oder Süden wohnen. Hier würde der Fluglärm durch zwei oder drei zusätzliche Flüge pro Stunde verdoppelt. Gleichzeitig würden es die Anwohner im Norden und Westen in der Gesamtheit des Lärms kaum wahrnehmen, wenn sie allen Flugverkehr im Kanton zu tragen hätten. Ein System reagiere sensibel auf Änderungen, hielt Thomann fest. Man könne den Fluglärm nicht einfach umverteilen, denn drei Dezibel (dB) mehr Lärm mache viel aus.
Eine spürbare Reduktion des Lärms bei der Landung könnte mit einem steileren Anflugwinkel bewirkt werden. «Wie der gekröpfte Nordanflug ist das fliegerisch machbar, aber von den Behörden nicht zugelassen», sagte der Referent. Viel Lärm verursache die Zwischenbeschleunigungsphase, die zwischen dem Sinkflug und dem eigentlichen Landeanflug eingeleitet wird. Denn um die Höhe zu halten, müsse aufgrund der Auftriebshilfen an den Tragflächen mehr Schub gegeben werde – «und das hört man am Boden». Unnötig wäre die Zwischenbeschleunigungsphase laut Thomann bei einem kontinuierlichen Sinkflugverfahren im Leerlauf, dem sogenannten Continuous Descent Approach. Die Vorteile dieses Systems seien unbestritten. Allerdings sei die heutige Struktur des Luftraums ein äusserst komplexes System und nicht auf dieses Verfahren eingestellt, erklärte er. In der EU würden nun Gespräche darüber geführt, wie das Sinkflugverfahren in den flugbetrieblichen Ablauf integriert werden könnte.
Vorschriften gefordert
Schliesslich kam Thomann auf die eigentliche Quelle des Lärms zu sprechen – die Flugzeuge respektive deren Triebwerke. Diese seien in den letzten 50 Jahren durch technische Verbesserungen um 30 dB leiser geworden. «10 dB weniger liegen noch drin», schätzt Thomann. Das würde etwa eine Halbierung des wahrgenommenen Lärms bedeuten. Eine geeignete Methode sei, den sogenannten Fan von der Niederdruckturbine zu entkoppeln, die bei herkömmlichen Triebwerken auf einer Welle sitze. Dies erhöht den Wirkungsgrad der Turbine und reduziert gleichzeitig den Verbrauch und den Lärm. «Das System ist bekannt und bereit für den Einsatz», erklärte Thomann. Doch wolle keine Fluggesellschaft das «Versuchskaninchen» spielen. Damit sich dies ändert, sollten Anreize geschaffen oder allenfalls entsprechende Vorschriften erlassen werden, forderte der Referent. «Und das schon bald.» Denn während Änderungen im Anflugverfahren kurz- bis mittelfristig umgesetzt werden könnten, würden technische Optimierungen nur langfristig greifen – einerseits wegen der langen Entwicklungszeiten und anderseits aufgrund der Wirtschaftlichkeit der Flugzeuge. «Ein Flieger ist für die Fluggesellschaften erst rentabel, wenn er 25 Jahre in der Luft war», sagte Thomann. «Deshalb muss man jetzt ansetzen, wenn man im Jahr 2050 eine Verbesserung will.»