Diesen Spätherbst will Regierungsrätin Rita Fuhrer den ersten vollumfänglichen Bericht zum Zürcher Fluglärmindex (ZFI) präsentieren. Unique bereitet das Lenkungsinstrument zunehmend Bauchweh.
Oliver Steimann
Vor gut einem Jahr, am 25. November 2007, haben die Zürcher Stimmberechtigten mit dem ZFI ein neues flughafenpolitisches Lenkungsinstrument beschlossen. Bis heute weiss allerdings niemand so recht, woran man mit dem Index eigentlich ist. Im vergangenen Mai hat Rita Fuhrer erste Zahlen für die Jahre 2005 und 2006 präsentiert. Einen ersten vollumfänglichen und mit den neusten verfügbaren Daten versehenen Bericht versprach die Volkswirtschaftsdirektorin für den Spätherbst.2006 stand der Index, der den Grenzwert von 47 000 stark lärmbelästigten Personen nicht überschreiten darf, bei 41 784. Die Zunahme gegenüber dem Vorjahr betrug 8,5 Prozent - obwohl die Zahl der Flugbewegungen rückläufig war. Hält diese Tendenz an, wird der ZFI den Grenzwert bereits im laufenden Jahr deutlich überschreiten.
Besorgte Flughafenbetreiberin
Am Airport nimmt man diese Entwicklung nicht auf die leichte Schulter. «Das Ansteigen der ZFI-Zahlen erfüllt uns als Flughafenbetreiberin mit Sorge», erklärt Unique-Sprecherin Sonja Zöchling. Ein Indiz dafür, dass der Index weiter nach oben schnellt, sind die Flugbewegungen. 2007 haben sie erstmals seit langer Zeit wieder deutlich zugenommen - um 2,9 Prozent. Und in den ersten neun Monaten des laufenden Jahres beschleunigte sich der Zuwachs gar auf 4,1 Prozent.Für die Berechnung des ZFI ist allerdings nicht allein die Zahl der Starts und Landungen relevant, sondern mehr noch die Summe der belärmten Anwohner. Auch hier ist die Entwicklung allerdings ungünstig. Wie das statistische Amt des Kantons Zürich ausweist, hat die Wohnbevölkerung in zahlreichen flughafennahen Gemeinden auch 2007 wieder überdurchschnittlich zugenommen. Während der kantonale Durchschnitt bei 2,1 Prozent lag, wuchs beispielsweise die Bevölkerung von Opfikon um 4 Prozent, jene von Bassersdorf gar um 6,7 Prozent. Auch andere lärmgeplagte Gemeinden wie Fällanden (4 Prozent), Niederhasli (3,8 Prozent) oder Bülach (3,1 Prozent) haben überdurchschnittlich zugelegt. Die regionale Auswertung zeigt klar, dass nach der Stadt Zürich die Flughafengemeinden - Lärm hin oder her - am schnellsten wachsen.
Unique setzt sich zur Wehr
Zwar hat der letzte ZFI-Bericht aufgezeigt, dass das Bevölkerungswachstum nur für rund einen Viertel der Index-Zunahme verantwortlich ist. Doch mit jedem Neuzuzüger in einer Flugschneise schmilzt theoretisch das Entwicklungspotenzial von Unique. Kein Wunder, dass sich die Flughafenbetreiberin zur Wehr setzen will. Man dürfe nicht zulassen, dass immer mehr Leute in die belärmten Gebiete ziehen, erklärte CEO Thomas Kern in einem Gespräch mit dieser Zeitung im vergangenen Juni. Damit rechtfertigte er auch die Einsprache, die Unique gegen die neue Bau- und Zonenordnung der Stadt Kloten eingereicht hatte.Kerns Vorgänger Josef Felder war ebenfalls kein Freund des ZFI. Als es im Abstimmungskampf im vergangenen Herbst hart auf hart ging, wagte er es allerdings nicht mehr, Kritik an der regierungsrätlichen Vorlage zu äussern.
Aktionsplan angekündigt
Nähert sich der Index weiter dem Grenzwert, ist die Kantonsregierung verpflichtet, Gegenmassnahmen einzuleiten. Fuhrer hat angekündigt, dass man in diesem Fall «einen ursachengerechten Aktionsplan» ausarbeiten lassen werde. Wie dieser aussehen könnte, liess sie weitgehend offen. Im Vordergrund stünden «siedlungspolitische Massnahmen». Von einer Einschränkung des Flugbetriebs - das hat Fuhrer immer klar gemacht - will man so lange wie möglich absehen. Ob Unique in die Pläne der Regierung bereits eingeweiht wurde, will Sonja Zöchling nicht verraten: «Wir müssen warten, bis der Kanton den Bericht veröffentlicht.»Peter Staub, Präsident des Flughafen-Schutzverbands (Sbfz), hat wenig Hoffnung, dass bald gehandelt wird. «Der Regierungsrat wird noch mit keiner konkreten Massnahme reagieren, sondern auf den hängigen Prozess zum SIL (Sachplan Infrastruktur der Luftfahrt) verweisen.» Doch erst wenn zeitgerechte und wirksame Massnahmen ergriffen würden, sei der ZFI mehr als bloss ein zahnloses Messinstrument. Bislang habe es der Regierungsrat versäumt, ein klares Zeichen zu setzen.
Frage: In der Vorlage "ZFI+", die bekanntlich vom Volk angenommen wurde, waren auch 8 Stunden Nachtruhe enthalten. Wie sind die geblieben?