Von René Donzé
Zürich/Winterthur. _ Paris, Barcelona oder Berlin: Die Reiseziele von Zürcher Mittelschulklassen für ihre Projekt- und Arbeitswochen sind in der Regel per Zug über Nacht erreichbar. Dennoch kommt es immer wieder vor, dass Schüler und Lehrpersonen solche Destinationen mit dem Flugzeug ansteuern. «Stossend», findet das Kantonsrat Willy Germann (CVP) - vor allem angesichts des von Flugzeugen verursachten CO2-Ausstosses und Lärms. «Darunter leiden weite Teile der Bevölkerung», schreibt er in einer Anfrage an den Regierungsrat. Er fordert, dass an den Schulen umweltschonendes Mobilitätsverhalten gelehrt und gelebt wird. Und dass der Regierungsrat solche Klassenreisen mit dem Flugzeug verbietet.
Fliegen ist oft billiger als Zugfahren
Tatsächlich ist bis anhin nicht geregelt, mit welchen Verkehrsmitteln die Klassen verreisen dürfen, wie Johannes Eichrodt, Leiter der Abteilung Mittelschulen in der Bildungsdirektion, bestätigt. Es fehlen deshalb Erhebungen, wie häufig geflogen wird. Eichrodt spricht von unterschiedlichen Regelungen an den einzelnen Schulen.
So ist in der Kantonsschule Stadelhofen das Flugzeug als Reisemittel gänzlich verboten. Im Winterthurer Büelrain hingegen ist es gang und gäbe, dass Klassen in die Ferne fliegen, wie Rektor Cornel Jaquemart bestätigt. Bei dieser Mittelschule mit ihrem wirtschaftlichen Profil wird der ökonomische Aspekt offenbar höher gewichtet als der ökologische. Früh gebuchte Flugreisen seien eben oft günstiger als solche mit dem Zug, sagt der Rektor, der das persönlich bedauert. «Der Entscheid wird über die Kosten gesteuert.» So kann es vorkommen, dass die gleiche Klasse einmal nach Stockholm fliegt und später nach Prag.
«Ablass» mit Myclimate-Tickets
Undenkbar ist dies in der Kantonsschule Enge. Flüge seien grundsätzlich verboten, sagt Rektor Beat Wüthrich. Nur wenn sie unumgänglich seien, würden sie von der Schulleitung bewilligt. Kürzlich wurde beispielsweise ein Flug nach Barcelona abgelehnt. Bewilligt würden Flugreisen jeweils für Spezialklassen, die in Englisch unterrichtet werden und für drei Wochen ihre Partnerklassen in San Francisco besuchen.
Die Kantonsschule Wiedikon hat ebenfalls solche Klassen und Partnerschulen, allerdings in England und Irland. Dorthin werde geflogen, sagt Rektor Urs Bamert. Für andere Arbeitswochen nehmen «höchstens ein Drittel der Klassen» einmal in der Gymi-Zeit das Flugzeug. Diese sind dann verpflichtet, ihren CO2-Ausstoss mit Myclimate-Zertifikaten zu kompensieren. Damit ist der finanzielle Anreiz nicht so gross und das ökologische Gewissen kann etwas beruhigt werden. Bamert spricht von einem «modernen Ablass».
Johannes Eichrodt geht davon aus, dass aufgrund des Vorstosses von Willy Germann nun genauere Abklärungen zu den fliegenden Gymi-Klassen gemacht werden. Das Problem dürfte sich indes auch von selber wieder entschärfen, hofft er. Die steigenden Treibstoffpreise machen das zu billige Fliegen wieder teurer. Und mehr als 500 Franken pro Schüler darf eine Arbeitswoche nicht kosten, da sonst die Eltern zu stark belastet würden. Das regelt bereits heute eine kantonale Vorschrift.