Von Stefan Häne
Kaum hat Raymond Cron, Direktor des Bundesamtes für Zivilluftfahrt (Bazl), seinen Wechsel zu Samih Sawiris’ Hotelgruppe Orascom bekannt gemacht, schiessen die Spekulationen ins Kraut. Nationalrat Urs Hany sagt, auf diesen Schritt habe nichts hingedeutet. Der CVP-Politiker vermutet, Cron habe bei Moritz Leuenberger keinen Rückhalt mehr genossen. Der SP-Bundesrat habe die Flughafenpolitik – sein «ungeliebtes Dossier» – zunehmend vernachlässigt, was Cron nicht gepasst habe. Auch Richard Hirt, Präsident des Zürcher Fluglärmforums Süd, ortet persönliche Differenzen als mögliche Ursache für Crons Abgang. Den Entscheid gegen den gekröpften Nordanflug (TA vom 4. Juli) habe Leuenberger vermutlich gegen den Willen Crons getroffen, was zu einem Zerwürfnis zwischen den beiden geführt habe.
Bei Sawiris mehr als 250\'000 Franken
Der scheidende Bazl-Direktor will sich dazu nicht äussern. Als Grund für den Wechsel per Ende November nennt er via seinen Pressesprecher die «interessante berufliche Herausforderung», die ihn erwartet. Was den «Gekröpften» anbelangt, hat Cron wiederholt betont, er lehne diese Anflugvariante ab, solange sie nicht sicher fliegbar sei. Auf diesen Punkt verweist auch das Departement Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation (Uvek). Cron verlasse das Bazl nicht im Streit mit Bundesrat Leuenberger, sagt Uvek-Sprecher Daniel Bach: «Wir bedauern seinen Abgang sehr.» Cron habe das Bazl in den letzten viereinhalb Jahren umfassend reorganisiert und ein Sicherheitsmanagement für die Schweizer Luftfahrt etabliert, das international Vorbildcharakter habe. Cron sei mit seiner Aufgabe «glücklich» gewesen, weshalb der Wechsel überraschend komme. Allerdings geniesse Cron in der Privatwirtschaft einen guten Ruf. «Wir mussten deshalb immer damit rechnen, dass er irgendwann abgeworben wird», sagt Bach. Als Bazl-Direktor verdiente Cron rund 2500\'00 Franken im Jahr, bei Sawiris wird es mehr sein. Wer Cron ersetzen wird, ist noch nicht entschieden. Bach räumt ein, die Suche werde sich nicht einfach gestalten; das Amt sei anspruchsvoll. Cron wird im Bazl eine Lücke hinterlassen – darin sind sich alle angefragten Politiker einig. «Der Job des Bazl-Chefs ist kein Zuckerschlecken», sagt Nationalrätin Jacqueline Fehr (SP). Cron habe es in diesem Dschungel widersprüchlicher Interessen verstanden, mögliche Wege und Kompromisse ins Zentrum zu stellen, und sich standhaft gegen einseitige Druckversuche gewehrt. Nationalrat Max Binder (SVP) beschreibt Cron als kompetent, offen und zuvorkommend. Störend sei allerdings seine Haltung zum «Gekröpften». Lob kommt von der Flughafenbetreiberin Unique. Die Zusammenarbeit mit Cron habe stets sehr gut geklappt, resümiert Sprecherin Sonja Zöchling.
Nachfolger muss «unabhängig» sein
In Zürichs Flughafenregion geniesst Cron weniger Sympathien als in Bundesbern. Der Dachverband Fluglärmschutz begrüsst den «überraschenden Rücktritt». Gefragt sei nun eine Person, die ein Sensorium für die lärmgeplagte Bevölkerung habe. Die Organisation Bürgerprotest Fluglärm Ost hofft, dass Crons Nachfolger die künftigen An- und Abflugrouten auf dem Flughafen Kloten «politisch unabhängig und auf Grund einer eingehenden Sicherheitsanalyse plant».
Kritik kommt auch vom Aviatikexperten Sepp Moser. «Cron hat der Sicherheitskultur in der Schweizer Luftfahrt Schaden zugefügt.» Laut Moser melden Piloten oder Techniker Fehler teilweise nicht mehr, weil dies wegen Crons Hang zur Bürokratie einen Papierwust nach sich zieht. Unter dem Strich resultiere so ein Sicherheitsverlust. Es sei kein Zufall, dass diverse Fachleute unter Cron den Hut genommen hätten. Ersetzt worden seien sie nur halbbatzig: «Das Bazl ist heute weitgehend eine Organisation von Juristen, die sich um die Flugsicherheit bemüht.»