Sollten die vorgeschlagenen Varianten im aktuellen SIL-Prozess vom Bundesrat genehmigt werden, sind Starts und Landungen über den dicht besiedelten Süden durch die politische Hintertür eingeführt, ohne dass eine richterliche Instanz je über die illegalen Südanflüge ein Urteil gefällt hat.
(ds) Überall sind sie zu sehen die gelben Transparente „Flugschneise Süd - Nein“, obwohl es in letzter Zeit um das brisante Thema wieder etwas ruhiger geworden ist. „Die Ruhe vor dem Sturm“ meint dann auch Thomas Morf, Präsiden des VFSN. „Die Menschen sind sich nicht bewusst, dass im aktuell diskutierten SIL-Prozess (Sachplan Infrastruktur Luftfahrt) neben permanenten Südlandungen auch noch lärmintensivere Starts über den Süden und den Pfannenstil geplant werden.“ fügt Thomas Morf hinzu.
An- und Abflugvarianten in dem daraus resultierenden Objektblatt haben Rechtsgültigkeit. Der SIL ist das oberste Planungsinstrument des Bundes und unanfechtbar. “Ausserdem werden im Objektblatt die Richtwerte sehr generell gehalten, so dass ein grosser Spiel- und Interpretationsspielraum für den Flughafen Zürich offen gelassen wird“ warnt Thomas Morf. Ohne vehementen Widerstand aus der Bevölkerung muss mit zusätzlichen Starts und Landungen über dem Süden gerechnet werden.
Hochkomplexer Fluglärmindex (ZFI)
Der ZFI (Zürcher Fluglärm-Index), der auf einer komplizierten mathematischen Formel basiert, schützt die Bevölkerung nur bedingt vor erhöhtem Fluglärm. Beim Index handelt es sich um eine Art Waage, die den von der Bevölkerung subjektiv wahrgenommenen Fluglärm misst. Dabei steht nicht der Fluglärm im Zentrum sondern die Veränderung der Anzahl stark gestörter Personen. Leisere Flugzeuge, weniger Starts oder Landungen über dünner besiedeltes Gebiet lassen die Waage auf die eine Seite kippen. Im Gegenzug zeigt die Waage mehr stark gestörte Personen an, wenn die Bewegungen zunehmen, dicht besiedelte Gebiete überflogen werden oder die Nachtsperren verkürzt werden. Sobald die Waage auf diese Seite kippt – das heisst, wenn sich über 47\'000 Personen stark gestört fühlen oder mehr als 320\'000 Flugbewegungen stattfinden – muss der Regierungsrat Massnahmen ergreifen.
„Der ZFI hat gute Ansätze, aber auch einige gravierende Schwachstellen. Eine der grössten ist sicher, dass von uns Betroffenen erwartet wird, dass wir dem Resultat blind vertrauen sollen. Den ZFI kann ich nur akzeptieren, wenn ich volle Transparenz habe“ erklärt Thomas Morf.
Viele Interessensgruppen
Mit der fünften Ausbauetappe des Flughafen Zürichs wurde passagierseitig Kapazität für weit über 30 Mio. Fluggäste geschaffen. Im Jahre 2007 benützten 20,7 Mio Fluggäste, davon 7 Mio (33.8%) Umsteigepassagiere den Flughafen Zürich. Um diese Überkapazität auszulasten, benötigt der Flughafen Zürich zusätzlichen Umsteigeverkehr. Dieser kann aber nur generiert werden, wenn die Kapazität der Pisteninfrastruktur oder des Betriebssystems erhöht wird. Dazu eignet sich zum Beispiel ein Parallelpistensystem oder als sehr kostengünstige Variante, Starts geradeaus über den Süden. Auch der Lufthansa-Konzern ist interessiert, den Gewinn zu maximieren und neben München und Frankfurt den dritten Multi-Hubstandort in Zürich auszubauen. Der Regierungsrat wiederum postuliert einen bestmöglichen Schutz der Bevölkerung vor Fluglärm, ist aber vor allem an der Entwicklung des Wirtschaftstandorts Zürichs interessiert. Volkswirtschaftsdirektorin Rita Fuhrer, die auch einen Verwaltungsratssitz bei Unique Airport inne hat, tendiert deshalb oft dazu, die Interessen des Flughafens über die der Bevölkerung zu stellen.
Gekröpfter Nordanflug
Der gekröpfte Nordanflug würde die Fluglärmbelastung der dichtbesiedelten Gebiete im Osten und Süden stark reduzieren. In einem ersten Schritt soll der gekröpfte Nordanflug auf Sicht geflogen werden. Dies wäre dann nur bei guten Wetterbedingung möglich. Langfristig kann der gekröpfte Nordanflug den Anforderungen an den Betrieb eines Interkontinentalflughafen aber nur gerecht werden, wenn er in Form eines Präzisionsverfahren (gestützt auf Satellitennavigation) zur Verfügung steht.
Obwohl technisch bewilligungsfähig, wird diese auch ökologisch sinnvolle Anflugvariante weiterhin aus politischen Gründen verzögert.
Auch der erhoffte Konsens mit Angela Merkel Ende April konnte nicht gefunden werden. Stattdessen fordert Merkel eine gemeinsame Datenerhebung, die dann als Basis für einen Lösungsvorschlag gilt. Bis die Daten erhoben und ausgewertet sind, wird allerdings wieder sehr viel Zeit verstreichen. Zeit, die der Flughafen Zürich nutzt, um seine Kapazitäten weiter auszubauen.
VFSN: Gemeinsam sind wir stark
Der Verein "Flugschneise Süd - NEIN" wurde im Jahr 2002 gegründet und ist heute die grösste Bürgerorganisation. Er lobbyiert in Bern, organisiert Aktionen und informiert regelmässig Behörden und Bevölkerung über die hochkomplexe Thematik. Durch eine Mitgliedschaft helfen Sie mit, dass der VFSN weiterhin effizient und kompetent gegen die illegale Flugschneise über dem Süden kämpfen kann. Anmeldung unter: www.vfsn.ch oder VFSN, Postfach 299, 8121 Benglen