Noch sind die Preise für Tickets nicht so stark angestiegen, wie es die Hausse für Rohöl vermuten liesse. Dies zeigt eine Auswertung des Internet-Reisebüros Ebookers. Ein Flug für ein dreissigtägiges Ticket von Genf nach New York verteuerte sich zwischen April 07 und April 08 um 10 bis 12 Prozent. Nach Sydney betrug der Aufschlag 8 Prozent, nach London 10 Prozent und Madrid 5 bis 7 Prozent.
Dies hat vor allem mit der Kursabsicherung des Flugbenzins zu tun, die Airlines praktizieren. So fliegen etwa die Air France und KLM mit Kerosin, das gekauft wurde, als das Fass Rohöl 70 bis 80 Dollar kostete. «Unser Anteil des bei diesem Preis gesicherten Kerosins beträgt 80 Prozent», sagt Air-France-Sprecherin Brigitte Barand. Mit anderen Worten: Die Airline-Gruppe kann noch mindestens neun Monate zu heutigen Ticket-Preisen fliegen.
Swiss kaufte bei 100 Dollar pro Fass
Bei Easyjet beträgt der Anteil des damals günstig eingekauften Kerosins 40 Prozent. Die Billigairline wird möglicherweise früher gezwungen sein, die Preise den Rohstoff-Kosten anzupassen. «Eine Preiserhöhung steht aber nicht an», sagt Easyjet-Direktor Thomas Haagensen. Die Swiss lässt sich, was die Kerosinkosten betrifft, nicht in die Karten schauen. Zu erfahren ist nur, dass Ende März die letzten Einkäufe erfolgten und dass der Jahresverbrauch zu 85 Prozent gedeckt sei. Ende März betrug der Fasspreis 100 Dollar, jetzt beträgt er 135 Dollar.
Alle Fluglinien warten darauf, wer die Ticketpreise als erster deutlich anhebt – sei es über Gebühren, Treibstoffzuschläge oder stille Anpassungen. «Ich erwarte einen massiven Aufschlag der Ticketpreise spätestens Anfang nächstes Jahr», sagt der englische Airline-Experte Charles Alcock. Dass sie massiv steigen müssen, zeigt die folgende Rechnung: Bei einer Interkontinental-Airline wie der Swiss macht der Treibstoff 30 Prozent der Betriebskosten aus, bei Easyjet 28 Prozent. Betragen die Kosten pro Flug beispielsweise 1000 Franken, so gehen 280 bis 300 Franken zu Lasten des Kerosins. Verdoppelt sich dieser Anteil, so betragen die künftigen Kosten für die gleiche Flugstrecke rund 1300 Franken – einen Drittel mehr.
Die Airlines werden diesen Aufschlag aber nicht sofort eins zu eins weiter geben. Zu einem drücken sie noch mehr auf die Kosten, etwa durch langsameres Fliegen, durch Gewichtsoptimierungen oder durch sparsamere Flugzeuge. Zum anderen kompensieren sie Verluste mit dem Erfolg im Nicht-Fluggeschäft. So etwa Eeasyjet: «Wir verdienen je länger desto mehr mit der Vermittlung von Hotels und Autovermietungen, die parallel zu Buchungen getätigt werden», sagt Haagensen.
Und schliesslich wird die Wahrnehmung beim Konsumenten noch stärker verzerrt werden als bisher, was das Verhältnis Billigangebot zu Normaltarif betrifft. Die meisten Airlines, ob europäische Billig- oder Netzwerk-Airlines sind auf das Image, günstig zu sein, angewiesen. Denn das Optimieren der Kosten je Flugstrecke durch das «Auffüllen» von Flugzeugen ist zum Standard geworden. Die Airlines brauchen die preisbewussten Kunden, die regelmässig im Internet vorbei schauen und bei Tiefstpreisen Freizeit-Flüge buchen.
Schnäppchenpreise werden also weiterhin tief bleiben. «Der Anteil der billigsten Preisklasse wird nach wie vor 15 Prozent betragen», sagt der Easyjet-Direktor. Bei der Swiss stehe zwar der Mix aus günstigen und teuren Plätzen zur Diskussion, sagt Sprecher Jean-Claude Donzel: «Doch auch in Zukunft werden wir Günstigstplätze anbieten». So warten alle, wer als erster aus dem Rennen geworfen wird, sei es durch ein Grounding oder eine Ausdünnung des Flugplans. Denn: «Je weniger Kapazität auf einer Strecke, desto höher die Preise», sagt Airline-Experte Alcock. Wer im Rennen bleibt, wird die höheren Kerosinpreise dadurch kompensiert erhalten.