Kommentar von Markus Somm (Auszug):
Offiziell gelten die Beziehungen zwischen Deutschland und der Schweiz als sehr eng, freundschaftlich und gut – und wenn die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel kommende Woche zum Staatsbesuch in Bern eintrifft, wird man in den wohl abgehangenen Pressecommuniqués, den schmeichelhaften Ansprachen und den rührenden Tischreden nichts anderes hören. Heidi, Schoggi, Pontresina (Merkels Urlaubsort). Hinter den Kulissen aber brennt es. Sichert man Berner Diplomaten Diskretion zu, räumen sie ein: Noch nie seit dem Zweiten Weltkrieg war das Verhältnis zwischen den beiden Nachbarn so belastet wie heute.
Seit Jahren weigert sich Deutschland, über das Anflugregime für den Flughafen Zürich Kloten, das es der Schweiz einseitig aufgezwungen hat, neu zu verhandeln – obwohl die Schweiz wiederholt darum gebeten hat. Unter angeblichen Freunden ein Affront. Besonders wenn man sich vor Augen führt, wie wichtig der grösste Flughafen für die Schweiz ist. Das Wachstum von Zürich Kloten wird durch die deutschen Beschränkungen des Anfluges vom Norden her eingeschnürt. Die Faktenlage ist grotesk: 744 Deutsche sind von einer Lärmbelastung über 50 Dezibel betroffen, was lauterem Strassenlärm entspricht. In der Schweiz leiden 210 841 Einwohner darunter. Von einem Export des Lärmes und einem Import des Nutzens, wie es die Deutschen den Schweizern vorwerfen, kann keine Rede sein. Was eine andere Zahl verdeutlicht: 70 Prozent des Flugverkehrs in Zürich Kloten werden von deutschen Airlines betrieben, sei das Swiss, Lufthansa oder Air Berlin. Mehr als 20 Prozent aller Flüge sind Verbindungen mit Deutschland. Dennoch ist das Gespräch blockiert. Sollte es der Delegation des Bundesrates gelingen, Merkel dazu zu bringen, auf Verhandlungen einzusteigen, wäre das ein Erfolg.