Von Daniel Bach und Erwin Haas
Morgen Donnerstag soll der erste Südanflug zum Flughafen Zürich stattfinden. Kurz vorher starten die Fluglärmgegner im Osten eine grosse Plakataktion. Die Bürgerinitiative Fluglärmsolidarität lässt heute Mittwoch in den Gemeinden östlich und südlich des Flughafens Kloten rund 200 grossformatige Plakate aufhängen, die darauf hinweisen, dass die Bevölkerung in der Ostanflugschneise zwischen Tösstal und Kloten im Gegensatz zum Süden schon seit zwei Jahren Anflüge am frühen Morgen und am späten Abend zu ertragen hat. Wegen des gesperrten deutschen Luftraums donnern die ersten Maschinen seit Oktober 2001 kurz vor 6 Uhr und die letzten vor Mitternacht über die Dächer.
Ostanflugschneise seit 2001 belastet
«Lärmterror genug» und «Geteilte Last ist halbe Last: Keine Ostanflüge ohne Südanflüge» steht auf dem Plakat. «Wir wollen einfach daran erinnern, dass unsere Region trotz der Südanflüge weiterhin einen grossen Teil des Lärms übernimmt», sagt Ralph Weidenmann, Pressesprecher der Fluglärmsolidarität. Tagsüber drehten die nach Süden startenden Flugzeuge über den Osten ab, und an den abendlichen Landungen ändere sich ohnehin nichts. Man wolle den Süden zwar mit den Plakaten nicht provozieren, «aber dass der eine oder andere verärgert reagiert, nehmen wir schon in Kauf». Man sei weiterhin bereit, gemeinsam mit den Fluglärmgegnern im Süden für eine gerechtere Verteilung der Flugbewegungen zu kämpfen. Der Zeitpunkt der Lancierung sei ein Zufall: «Wir wollten die Plakate früher platzieren, aber wegen der Wahlen waren alle Werbeflächen vergeben», sagt Weidenmann.Thomas Morf, Präsident des Vereins Flugschneise Süd - Nein, reagierte zurückhaltend auf die Aktion des Ostens. «Wir sind nach wie vor der Meinung, dass man den Lärm nicht auf möglichst viele Leute verteilen, sondern auf möglichst wenig Leute konzentrieren sollte», sagte Morf. Für ihn sei klar, dass der Osten entlastet werden müsse. «Wir sollten dieses brennende Haus aber zusammen löschen, statt noch ein zweites anzuzünden.» Morf muss allerdings im Süden selber dafür sorgen, dass kein Flächenbrand entsteht. Die Stimmung in den Dörfern, die neu von Fluglärm belastet werden, ist von Wut, Hilflosigkeit und grosser Nervosität geprägt. In Zumikon etwa, wo den Hausbesitzern grosse Wertverluste drohen, haben die Gemeindebehörden Kenntnis von «gestandenen Leuten», die nah daran sind,auf die Barrikaden zu steigen. Wenn sich der Bund und die Kantonsregierung nicht mehr ans Recht hielten, hätten sie dazu auch keinen Grund.
Der Zumiker Gemeinderat, der sich mit allen rechtlich möglichen Schritten gegen die Südanflüge wehrt, hat die Bevölkerung zwar mehrmals zur Ruhe ermahnt. Unrecht lasse sich nicht mit Unrecht gutmachen, schrieb er im letzten Fluglärm-Communiqué. Was in der Südanflugschneise passiert, wenn (Schönwetter vorausgesetzt) morgen um 6 Uhr der erste Flieger über den Pfannenstiel kommt, weiss allerdings niemand. Der Verein Flugschneise Süd - Nein will diesen ersten Anflug nach wie vor mit legalen und ungefährlichen Mitteln verhindern. Die Fackelkundgebungen in Schwamendingen, Gockhausen, Pfaffhausen, Zollikerberg-Binz und Zumikon will der Verein morgen auch dann durchführen, wenn die Südanflüge vertagt werden. Thomas Morf rechnet in diesem Fall mit 100 bis 150 Personen pro Standort.
Katastrophen- statt Hauptalarm?
Die Veranstaltungen der Fluglärmgegner sind auf dem Flugblatt mit «Hauptalarm» betitelt. Findige Rätsler schliessen daraus, dass die Aktivisten mit den Sirenen für Atom- und Erdbebenalarm auf den Schulhäusern Verwirrung stiften wollen, die den Flughafen zum Abbruch des Südanflugs zwingt.
Der Verein Zürich-Nord gegen Fluglärm lädt die Bevölkerung Schwamendingens erst für den 15. November zu einem eigenen Fackelzug ein. Einerseits, «weil die Leute bis dann wissen, wie das tönt». Anderseits sind ihm die Aktionen im Süden nicht ganz geheuer. Thomas Morf sagt zwar, da seien Familien mit Kindern dabei, er arbeite sogar mit der Polizei zusammen, es passiere nichts. Noch nehmen ihm das aber nicht alle ab. Um die Bewilligung für die Kundgebung hat der Verein etwa in Zumikon erst ersucht, als das Flugblatt bereits in allen Briefkästen lag